The Rolling Stones / Black And Blue / 1976
Dez 29, 2011 CD-Rezension
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a.staeuble
Der 15 Juni 1976 war sozusagen mein persönlicher Einstieg in die Stones-Aera und das mit meinen 16 Jahren. Die Stones sollten so gegen 20 Uhr im Zürcher Hallenstadion aufspielen, mit im Gepäck ihr Album Black And Blue. Die Vorgruppe, leider kann ich mich nicht mehr an ihren Namen erinnern, wurde gnadenlos ausgepfiffen. Die Stimmung in der Halle war aufgeheizt, feuchtwarm und voller Vorfreude. Nur die Stones liessen auf sich warten!
Es kam ein Veranstalter auf die Bühne und erklärte, dass die Stones noch unterwegs von Nizza nach Zürich seien und das Flugzeug bald in Zürich landen würde! Die Stimmung drohte ganz zu kippen. Kurz vor 23 Uhr begann das Konzert und war knapp nach 24 Uhr bereits wieder zu Ende, da das Nachtruh-Gesetz keine Verlängerung duldete. Das Konzert war übrigens mittelprächtig. Als damals junger Fan war ich natürlich schwer beeindruckt, trotz der Kürze des Konzerts.
Black And Blue ist sicher das „schwärzeste“ Album der Band. Voller Stilvielfalt, Blues, Rock, Reggae und Jazz. Das Album wirkt sehr homogen und aus einem Guss. Dazu noch toll abgemischt in den Musicland Studios München. Bekanntlich wurde Ron Wood zum Nachfolger des freiwillig ausgeschiedenen Mick Taylor auserkoren. Nicht wegen seiner technischen Brillanz wurde Ron Wood ausgesucht, nein er passte einfach zu Keith Richards am bestens!Für das Album Black And Blue wurden auch die Dienste von Billy Preston (auch auf Tour) in Anspruch genommen. Das gibt dem ganzen Album die zusätzliche Wärme und Geschmeidigkeit, was es schlussendlich zu einem wirklich tollen Album macht. Die Platzierungen, Platz 2 UK und für 4 Wochen Platz 1 in den US Billboards, waren der verdiente Lohn für ein grossartiges Album. Die restlichen Länderhitparaden wurden ebenfalls bestürmt. Der Starter des Albums ist mit Hot Stuff äusserst gelungen. Geiler Gitarrenlick und die Herren Ron Wood, Charlie Watts und Bill Wymen geben das Gerüst für das Spiel von Keith Richards und der„Diva“ Mick Jagger. Dieser kann sich gesanglich austoben um im Mittelteil zum sprechendem Gesang zu wechseln.Harvey Mandel mit schönem Solo und Billy Preston Spiel, runden das Stück ab. Mit Hand Of Fate geht es flüssig weiter. Schöne erhabene Melodieführung mit Mick Jagger als tollen Shouter. Wayne Perkins(Gastmusiker) Gitarrensolo ist wirklich hörenswert. Spannender kurzer Rhythmuswechsel und dann wieder flüssig ins Finale mit langgezogenen Gitarrenlinien – Toll gemacht!
Mit Cherry Oh Baby wird ein waschechter Reggae gespielt! Es gibt vermutlich wenige Bands, die nicht von Jamaika stammen und so was zustande bringen. Bei Reggae braucht es nämlich Feeling und sehr viel Gefühl und das zeigen die Stones, unterstützt von Nicky Hopkins bestens! Bekanntlich haben die Stones ein Fabel für Regga. Nach dem Reggea Stück folgt nun die Wahnsinns-Ballade Memory Motel. Der Track war nie als Single Auskoppelung angedacht, unglaublich, denn diese Ballade ist mindestens so gut wie Angie. Ich finde Mick Jagger singt in Höchstform. Leidenschaft pur. Jedes Wort kommt glasklar aus den Boxen. Billy Preston Spiel passt so was von gut und legt den Teppich für diese feine Songstruktur. Ein Track für die Insel. Hey Negrita kommt dann richtig funkig rüber. Ein Track zum mitwippen! Mit Melody kommt nun das Paradestück. Stones und Jazz, geht das? Ja und wie! Ich finde Melody unglaublich gut gelungen. Billy Preston am Piano ist einfach nur Weltklasse! Uebergang dann zu Mick Jagger, der nimmt das Jazz-Feeling in die Stimme auf und wechselt mit Billy Preston die Gesangsparts ab, irgendwann kommen noch Bläser kurz zum Einsatz um dann Mick Jagger ins Finale zu schiessen. Dieser steigert sich im Gesang mit Tönen, wie jaulen, katzenähnliches winseln und stöhnen, wie bis dahin noch nie gehört.
Mit diesem Song haben sich die Stones selber übertroffen und offenbaren uns schon damals, wieso sie allen vorherigen und nachkommenden Trends stand halten konnten! Ihr Geheimnis besteht darin sich Trends nicht zu entziehen, sondern diese in ihre Musik einzubauen, ohne aber ihre eigene Identiät zu verlieren. Das kann man musikalische Genialität nennen. Wer es schafft so viele Stilarten in die eigenen Songstrukturen zu vereinen, immer mit dem Zeitgeist zu gehen, ist ein „Stück weit“ auch modern, geht aber nie vergessen und festigt den eigenen Brand nachhaltig. Mit Fool To Cry wird dann nochmals eine Hammerballade nachgereicht. Das Stück wirkt elegant, angenehm und verbreitet Wohlgefühl. Der Abschlusstrack ist dann Crazy Mama. Eigentlich der einzige „Rocker“ auf diesem Album. Mit diesem Album haben die Stones ein gutes Zeitdokument hinterlassen… wie ich finde. Leider fällt der Name Black And Blue sehr selten, wenn man von den besten Stones Alben redet. Kenner wissen aber schon, dass es technisch gesehen ein phantastisches und vielseitiges Album geworden ist. Mit Some Girls kam dann 1978 ein kommerziell noch erfolgreicheres Album auf den Markt. Für mich bleibt aber diese Album eines der besten der Rolling Stones!
Album: Black And Blue, 1976, Time 41:29 Polydor
- Hot Stuff 5:20
- Hand Of Fate 4:27
- Cherry Oh Baby 3:53
- Memory Motel 7:06
- Hey Negrita(inspiration by Ron Wood) 4:57
- Melody (inspiration Billy Preston) 5.47
- Fool To Cry 5:04
- Crazy Mama 4:34
Tags: Billy Preston, Harvey Mandel, Jazz, Rory Gallagher, Stones, Zürcher Hallenstadion
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